Unsere Berufsordnung

 
 
 

Vorbemerkung zur Neufassung unserer Berufsordnung für Mitglieder von
DIE HEILPRAKTIKER

 

Entwicklung der Berufsordnung für Heilpraktiker (BOH)

Berufe, die ihre Legitimation aus dem Abschluss staatlich anerkannter Ausbildungen beziehen und in Berufskammern organisiert sind, haben eine Berufsordnung, die für die Berufsausübung grundlegende Regelungen enthält, die für jeden Berufsangehörigen rechtlich verpflichtend sind.

Heilpraktiker haben weder eine anerkannte Berufsausbildung, noch sind sie in einer Kammer organisiert. Es gibt nur allgemeine Gesetze und Verordnungen, die die Berufsausübung regeln. Daher haben sich vor vielen Jahren einige Heilpraktiker-Berufsverbände (BDH, FDH, FH, FVDH, UDH, VDH) zusammengeschlossen und gemeinsam eine Berufsordnung für Heilpraktiker erarbeitet und für deren Verbände beschlossen.

Andere Verbände, so auch DIE HEILPRAKTIKER e.V. haben im Rahmen ihres Satzungsrechts die Gültigkeit dieser BOH für Ihre Mitglieder beschlossen. DIE HEILPRAKTIKER haben die BOH bei Gründung unverändert adaptiert, andere Verbände haben im Laufe der Jahre Modifizierungen vorgenommen, so dass heute, statt einer einheitlichen BOH, viele verbandsinterne Versionen existieren. Die letzte große Aktualisierung in Form einer redaktionellen Überarbeitung wurde von den ursprünglichen Verfassern im Jahr 2007 vorgenommen.

Seitdem gibt es durch Gesetzesänderungen und einschlägige Rechtsprechung viele Neuerungen, die in eine aktualisierte Fassung integriert werden müssen. Berufsverbände haben einen Änderungsentwurf ausgearbeitet, eine Einigung aller betreffenden Verbände ist aber nicht so bald zu erwarten.

Unsere Vorstandsvorsitzende hat an der Aktualisierung mitgearbeitet. Der Entwurf wurde durch Mitgliederbeschluss bereits im Jahr 2020 genehmigt. Die von uns aktualisierte Neufassung der BOH wird daher, gemäß unserer Satzungsstatuten, die Fassung der anderen Berufsverbände ersetzen und als Satzungsbestandteil aufgenommen.

Notwendigkeit einer aktuellen Fassung der BOH

Unsere Berufsordnung regelt das Verhalten gegenüber Patienten, Kollegen, Mitarbeitern und anderen Partnern im Gesundheitswesen. Heilpraktiker haben keine, durch staatlichen Hoheitsakt übertragene, Selbstverwaltung, die eine solche Berufsordnung verbindlich erlassen könnte. Unsere Berufsordnung ist daher nicht für alle Berufsangehörigen gleichermaßen rechtlich verbindlich.

Unser standesrechtliches Selbstverständnis sollte aktuell und transparent formuliert und für jedermann leicht verständlich zugänglich sein. Wenn dies gegeben ist, kann sich jeder Kollege und jede Kollegin auch ohne Zwang nach den Grundsätzen unserer Berufsordnung richten.

Eine Verbandsmitgliedschaft ist konstitutiv dafür nicht erforderlich. Soweit ein Heilpraktiker oder eine Heilpraktikerin aber einem Verband beitritt, erkennt er das Regelwerk jedoch als für sich verbindlich an, falls die jeweilige Verbandssatzung eine BOH integriert hat. Die Mitgliedschaft in einem Berufsverband ist bisher freiwillig, die Satzung wird in der Regel demokratisch beschlossen, es gibt keinen Raum für die überverbandliche Oberinstanz einer Berufsaufsicht. Dennoch wird allgemein erwartet, dass sich alle Behandler gleichermaßen und unabhängig von einer Verbandsmitgliedschaft nach der BOH richten.

In der derzeitigen Ausgabe von 2007 sind teils überholte Gesetzestext übernommen, teils neue Vorschriften und Grundsätze, die die Rechtsprechung im Laufe der Jahre zu unserem Beruf entwickelt hat, nicht enthalten.

Das ist umso gravierender, als Gerichte in Straf- oder Zivilverfahren, in denen fehlerhafte Behandlungen durch Heilpraktiker Gegenstand der gerichtlichen Beurteilung sind, in der Regel auch die geltende BOH heranziehen. Insbesondere Sachverständige begutachten das berufliche Verhalten der Kolleginnen und Kollegen im Lichte der Grundsätze beruflicher Tätigkeit, so wie sie in der BOH formuliert sind. Die Beachtung der nötigen Sorgfaltsplichten (ausreichende Therapiekenntnisse, ausführliche Patientenaufklärung, usw.) bei der Ausübung der heilpraktischen Tätigkeit bemisst sich danach. Deshalb ist es dringend erforderlich, dass unserem Berufsstand ein aktueller Pflichtenkatalog als Orientierungshilfe zur Verfügung steht.

Gerade Berufsanfänger brauchen einen Leitfaden für ihre Praxistätigkeit.

 

Welche Neuerungen gibt es?

Präambel

Wichtig ist uns eine Präambel, die die Sinnhaftigkeit einer, bisher von niemanden verpflichtend geforderten, BOH niederlegt.

Unsere Berufsordnungen regelt das Verhalten gegenüber Patientinnen und Patienten, Kolleginnen und Kollegen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und anderen Geschäftspartnern im Gesundheitswesen. In der Formulierung von Berufsrechten und Berufspflichten dient die Berufsordnung dem Ziel, unsere Freiberuflichkeit zu gewährleisten; das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Heilpraktiker und Patient zu erhalten und zu fördern; die Qualität unserer Tätigkeit im Interesse des Patientenwohls sicherzustellen; das Ansehen unseres Berufes zu wahren und nach außen zu fördern wie auch berufswürdiges Verhalten zu fördern und berufsunwürdiges Verhalten zu verhindern.

Patientenrechtegesetz

Die allgemeinen Ziele werden in den Berufsordnungen detailliert geregelt, beispielsweise zu den Themen Verschwiegenheitspflicht, Datenschutz, Fortbildung, Dokumentationspflicht, Fortbildung und Qualitätssicherung, Praxisführung, Berufswidrige Werbung, Kollegialität.

Seit der letzten Überarbeitung 2008 hat sich Einiges für den medizinischen Bereich geändert. Der Gesetzgeber hat 2013 im BGB ab § 630 a mit dem „Patientenrechtegesetz“ den Behandlungsvertrag legal definiert und die Rechte und Pflichten für Behandler und Patienten gesetzlich festgelegt. Bis dahin nicht ausdrücklich normierte Rechte, wie die eigenverantwortliche Entscheidung eines Patienten über die Behandlung und die ausführlich zu gestaltende Informierung des Patienten wurden als gesetzliche Regelung aufgenommen. Die Vorschriften geben eine klare Struktur vor, wie eine BOH in Bezug auf diese Themen gegliedert sein könnte.

Die bis dahin von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über Vertrag, Information, Aufklärung, Einwilligung, Dokumentation usw. stellen das Gerüst dieser Vorschriften. Da jetzt alles u.a. im BGB gesetzlich festgelegt ist, braucht man diese Punkte nicht mehr wörtlich in eine BOH aufnehmen. Jedermann kann sie im Gesetz nachlesen. Wörtliche Gesetzespassagen wurden daher entsprechend, weil überflüssig, aus der Neufassung entfernt. Ebenso wurde mit weitreichenden Erklärungen zum Text verfahren. Eine selbständige Regelung ist nur soweit verständlich und durchsetzbar, als sie nicht noch weiterer Erklärung und Auslegungen bedarf.

Einfügungen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze

Dagegen wurden die, von der Rechtsprechung seitdem weiterentwickelten, Grundsätze zu den §§ 630 a ff BGB (z.B. zum allgemeinen fachlichen Standard, zur Verschwiegenheitspflicht, zu Dokumentationsfehlern, zur Vergütung, zur Fortbildungspflicht und nicht zuletzt zur Überweisungspflicht, falls die eigene Fachkompetenz nicht mehr reicht) berücksichtigt.

Damit zeigen wir nach außen, dass wir zeitgemäß sind und uns selbst verpflichten, die gesetzlich und politisch eingeforderten Qualitätsstandards und die Einhaltung der Kompetenzgrenzen aktiv von unseren Kollegen zu verlangen und deren Einhaltung auch zu überprüfen.

Anpassung an aktuelle Neuerungen

Aufzunehmen waren auch aktuelle Zeitthemen, die es 2008 noch nicht gab, so z.B.

  • nicht mit unserem Berufsstatus zu vereinbarende Werbemaßnahmen wie Gutscheinportale, die dem Verbot der „marktschreierischen Werbung“ unterliegen dürften, (weitergehende Werbeverbote in einer BOH sind mittlerweile verfassungswidrig),
  • das Abstinenzgebot,
  • Berufshaftpflicht
    (wird zunehmend, so z.B. in Bayern, als Erlaubnisvoraussetzung verpflichtend verlangt),
  • Vorteilsannahme (analog neues Anti-Korruptionsgesetz),
  • DSGVO(neue Rechtslage),
  • Fernbehandlung (neue Rechtslage),
  • Geschlechtergerechter Text

Der vorliegende Entwurf gibt Richtlinien und Empfehlungen zur ethischen und praktischen Dimension des Handelns eines Heilpraktikers. Es ist ein Werk, das verständlich ist und keiner weiteren Erläuterung bedarf. Es soll kein juristisches Nachschlagewerk sein, sondern ein Handbuch für die Praxis. Der ständige Verweis auf Gesetze, wie in der jetzigen BOH praktiziert, erscheint uns nicht sinnvoll. Im Zweifel gibt es für aufkommende Fragen Fachleute, die ganz andere Instrumentarien als unsere BOH zur Verfügung haben.

Der neue Entwurf ist auch bewusst so gestaltet, dass die Regelungen neutral gehalten sind. Sie benennen keine Gesetze oder Urteile, geschweige denn Verwaltungsvorschriften, die zum jetzigen Zeitpunkt eventuell relevant wären, aber jederzeit überholt sein könnten. So sollte ein Standardwerk nicht abgefasst sein, Änderungen sind also vorausschauend beinhaltet.

Dieser Entwurf ist auf dem neuesten Gesetzesstand und enthält alle Grundsätze, die wir für beachtenswert finden. So kann dieses Werk wieder lange Jahre im Grundkonzept überdauern, kleinere, zeitgemäße und notwendige Anpassungen sollten immer möglich sein. Im anderen Fall könnten wir in kurzer Zeit vor dem gleichen Problem stehen.

Für die Verfasser des Reformentwurfs steht es aufgrund des oben Ausgeführten außer Frage, dass die BOH zeitgemäß angepasst werden muss. Bisher haben sich nicht alle Verbände zu diesem Thema eingebracht, so dass die vorliegende Neufassung zum jetzigen Zeitpunkt nur einige Verbände für sich beschlossen haben.

DIE HEILPRAKTIKER und deren Mitglieder sind nicht an eine bestimmte Fassung einer BOH gebunden. Daher ersetzen wir nun in Umsetzung des Mitgliederbeschlusses vom 21.11.2020 ab sofort die veraltete Fassung durch unsere aktualisierte BOH. Sollten in Zukunft die Vertreter aller Berufsverbände gleichermaßen eine einheitliche Neufassung beschließen, so werden wir zu gegebener Zeit diese begrüßenswerte einheitliche Haltung einfließen lassen und die für uns geltende BOH angleichen.

München, den 15. Februar 2022

Vorstand DIE HEILPRAKTIKER